Hallo ihr lieben Wortakrobaten, schon lange gab es keinen Monatsrückblick mehr auf diesem Blog und wenn ich es nun korrekt machen wollte, müsste ich für euch nun August '15 - März '16 festhalten. Ich wollte einfach, wenn sowieso kaum Posts online kamen, nicht, dass jeder zweite Post ein Monatsrückblick ist. Dementsprechend fielen diese Rückblicke einfach weg und ich...
Samstag, sechs Uhr in der Früh. Der Wecker klingelt und statt ihn genervt wegzudrücken, mich umzudrehen und weiterzuschlummern, springe ich aufgeregt und freudig aus meinem Bett. Es geht los nach Leipzig zur Buchmesse, mit dieser Aussicht kann mich nichts im noch so kuscheligen Bett halten. Kaum eine halbe Stunde später sitze ich im Auto. Die Landschaft fliegt an...
Es ist schwierig, die richtigen Worte zu finden. Wenn ich dir gestehen muss, dass ich doch nicht zu unserer Verabredung kommen kann. Wenn ich dir sagen möchte, wie gerne ich dich mag. Wenn ich dich fragen möchte, weshalb du so lange nicht mehr gelächelt hast. Aber manchmal auch, wenn ich einfach nur schreiben möchte. Für mich. Es ist...
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"Schloss aus Glas" von Jeannette Walls Diana Verlag ~ 384 Seiten ~ 9,99 € |
"Jeannette Walls ist ein glückliches Kind: Ihr Vater geht mit ihr auf Dämonenjagd, holt ihr die Sterne vom Himmel und verspricht ihr ein Schloss aus Glas. Was macht es da schon, mit leerem Bauch ins Bett zu gehen oder in Nacht-und-Nebel-Aktionen den Wohnort zu wechseln. Doch irgendwann ist das Bett ein Pappkarton auf der Straße, und eine Adresse gibt es schon lange nicht mehr." (Klappentext von der Verlagsseite)
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Dieses Buch habe ich zum Geburtstag geschenkt bekommen, ohne zuvor einmal davon gehört zu haben. Das Cover ist unscheinbar, doch der Klappentext hat mich sofort angesprochen. Eine ungewöhnliche Familie, ein außergewöhnliches Leben - und noch dazu eine Autobiographie. Damit bot der Roman schon einiges, um mich neugierig zu machen.
Jeannette Walls, heute eine erfolgreiche Journalistin in New York, hatte eine wohl ganz und gar ungewöhnliche Kindheit. Ihre Mutter träumt davon Künstlerin zu sein, ihr Vater verspricht immer wieder neue Möglichkeiten, um an viel Geld zu gelangen, für die vier Kinder ist ein Leben auf Wanderschaft normal.
Die Autorin schildert dieses Leben von den frühesten Erinnerungen an, in denen ihr Vater noch der größte Held und die Mutter das größte Vorbild ist. Doch die Welt, die anfangs zwar für uns befremdlich, doch sowohl behütet als auch heile wirkt, bekommt mit der Zeit Risse und es zeigt sich, wie oft die Kinder Hunger aushalten und anstelle ihrer Eltern den Haushalt machen müssen. Wie die Mutter sich in ihrer Sammlerwut und der Kunst, aus der nie etwas wird, verliert und der Vater sich dem Alkohol überlässt.
Ich als Leser konnte mich gut in Jeannette Walls Leben hineinfühlen und war zugleich fasziniert wie erschüttert von ihrer Kindheit. Die Autorin hat mir mit dieser Autobiographie eine Tür zu ihrem Leben geöffnet, durch die ich hindurch schlüpfen und einiges miterleben konnte. So konnte ich auch ihr Denken und Handeln nachvollziehen und viele Dinge einmal von der anderen Seite sehen.
Jeannette Walls hat mich nicht vollgejammert mit der Erzählung einer schrecklichen Kindheit und sie hat auch nicht dadurch geprahlt, mir von einer abenteuerlichen und aufregenden Kindheit zu berichten. Nein, sie hat mir gezeigt, dass es nicht nur schwarz und weiß gibt.
Dass ihr Vater nicht nur ein hoffnungsloser Säufer ist, der keinen seiner Träume verwirklichen und nicht für seine Familie sorgen kann, sondern auch ein Geschichtenerzähler, den sie trotz allem liebt. Dass ihre Mutter nicht nur eine unrealistische Träumerin ist, die ihr eigenes Scheitern nicht zugeben kann, sondern auch eine liebenswerte Mutter, die immer hinter ihren Kindern stand. Dass ihre Kindheit nicht nur aus Hunger, Tränen und Enttäuschungen bestand, sondern auch aus unvergesslichen Spielen, Abenteuern und Erfahrungen.
Sie hat mir die Augen geöffnet, um auch die zweite Seite betrachten zu können, anstatt an den Vorurteilen festzuhalten.
Jeannette Walls schreibt gleichzeitig emotional wie nüchtern und sachlich. Sie hält sich nicht mit langen Umschreibungen und Ausführungen auf, sondern bringt das Geschehen und ihre Gefühle knapp auf den Punkt. Literarisch ist "Schloss aus Glas" sicherlich kein Meisterwerk, doch das muss es auch nicht sein.
Es lädt den Leser ein, in ein anderes Leben zu schlüpfen und einen Blick über den Tellerrand zu wagen - und das gelingt ihm außerordentlich gut.
Dieser Roman erhält keine Bewertung, da ich eine Autobiographie, in der die wahre Geschichte eines Menschen erzählt wird, nicht mit einer Punktzahl bewerten möchte.