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[Rezension] "Die Pilgerjahre des farblosen Herrn Tazaki" von Haruki Murakami
Mittwoch, Januar 20, 2016
"Die Pilgerjahre des farblosen Herrn Tazaki" von Haruki Murakami
Dumont Buchverlag ~ 318 Seiten ~ 22,99 €
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Viele Jahre später offenbart sich der inzwischen 36-jährige Tsukuru seiner neuen Freundin Sara, die nicht glauben kann, dass er nie versucht hat, der Geschichte auf den Grund zu gehen. Von ihr ermutigt, macht Tsukuru sich auf, um sich den Dämonen seiner Vergangenheit zu stellen." (Klappentext von Dumont)
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Haruki Murakami - auch wenn ich mich bislang fast ausschließlich für Jugendromane interessiert habe, sagte mir dieser Name etwas. Seine Bücher werden in den Himmel gelobt, dieses ganz besonders und trotzdem lag es fast ein ganzes Jahr lang ungelesen bei mir herum, bis ich es endlich zur Hand nahm.
Meine Erwartungen hielten sich in Grenzen, hatte ich den Klappentext doch nur einmal kurz überflogen und überhaupt keine Einschätzung davon, was mich erwarten würde - ich wurde sehr überrascht.
Schon auf der ersten Seite tauchte ich ein in Murakamis einzigartige Sprachwelt. Ich fühlte mich, als würde ich nicht ein Buch lesen, sondern ein Bild betrachten. Die Worte zergingen mir süß auf der Zunge und klangen wie eine schöne Melodie in meinen Ohren.
Ich habe selten einen Roman mit so viel Sprachgefühl, so klaren Aussagen in klangvollen Worten gelesen.
Tsukuru Tazaki möchte erfahren, weshalb seine Freunde ihn vor einigen Jahren aus der Gruppe ausgestoßen und damit sein Leben zerstört haben. Damit begibt er sich auf die Suche nach sich selbst und eine Reise in die Vergangenheit.
Die Erzählung wechselt immer wieder zwischen Gegenwart und Vergangenheit, sodass der Leser Tazaki langsam kennen und verstehen lernt und genau wie er nach den Antworten auf die Frage drängt, weshalb seine Freunde ihn verlassen haben.
Murakami verwebt verschiedene Handlungsstränge miteinander, die alle dazu führen, dass Tazaki begreift, wer er selbst eigentlich ist.
Sehr gut gefallen haben mir die Kleinigkeiten in der Handlung, die das ganze Buch durchziehen: Tsukuru Tazaki, der fasziniert von Bahnhöfen ist, "Le mal du pays" - ein Klavierstück von Franz Liszt -, natürlich die Farben, ...
Der Roman ist aus der Perspektive Tazakis geschrieben, allerdings als "Er / Sie-Erzähler". Dadurch hatte ich als Leser nicht das Gefühl, mich in ihn hineinversetzen zu müssen, konnte aber seine Haltung und seine Gefühle sehr gut nachvollziehen.
Alle Charaktere sind vielschichtig und authentisch gestaltet, selbst kleinen Nebencharakteren hat Murakami noch charakterisierende Attribute verpasst, sodass ich niemals das Gefühl hatte, zwei Personen zu verwechseln oder den Überblick zu verlieren.
Das Geschehen wirkte realitätsnah, da die Figuren menschlich und authentisch gehandelt haben. Sie wirkten nicht perfekt, ihnen wurden aber auch nicht krampfhaft irgendwelche Probleme aufgezwungen.
Das Ende des Romans lässt einige Fragen offen, was aber sehr passend ist. Eine absolut geschlossene Handlung hätte dem Roman seine Authentizität genommen.
Fazit
Mit "Die Pilgerjahre des farblosen Herrn Tazaki" konnte mich Haruki Murakami von seinem schriftstellerischen Können vollkommen überzeugen. Ich habe selten ein Buch von solchem Sprachgefühl, mit einer so gut durchachten Handlung und authentischen Charakteren gelesen.
2 Kommentare
Liebe Chrisi,
AntwortenLöschenich habe dich mit dieser schönen Rezension auf meiner Weltreiseseite in Japan verlinkt. Ich hoffe, dass das ok ist. Ansonsten sag mit bitte einfach bescheid, dann nehme ich den Link direkt wieder raus :)
Liebe Grüße
Ciri
Ah, das ist natürlich okay, vielen Dank :)
LöschenVielen Dank für deinen Kommentar ♥